
2025 wird ein guter Jahrgang“
Die Entdeckertour im August führte zu den nordhessischen Weinbergen
Alt-Bürgermeister Klaus Stiegel steht an einem sowohl mit Blättern als auch mit Reben üppig bewachsenen Weinstock. Er kratzt an einer Traube, einige Tropfen Traubensaft laufen auf die Glasfläche des Refraktometers, einem kompakten Gerät, das an ein kleines Fernrohr erinnert, und zur Feststellung des Zuckeranteils in den Weintrauben dient. „Das Mostgewicht beträgt zur Zeit gut 50 Grad Oechsle“, informiert Stiegel seine Gäste nach dem Blick durch das Objektiv. Für Mitte August sei dies ein gutes Ergebnis, denn in den Wochen bis zur Weinlese könne die Zuckerfracht in den Beeren noch ordentlich zulegen. Daher sei der Sonnenschein in der Schlussphase so wichtig. Sie entscheidet, ob der Jahrgang lediglich einen einfachen Qualitätswein, einen Kabinett oder sogar eine Spätlese hervorbringt.
Der langjährige Vorsitzende des Förderkreises Böddiger Berg, begrüßte an diesem Morgen eine 26 Personen starke Wandergruppe des Kasseler HWGV auf dem Weinberg. Mit den Wanderführern Jörg Daniel und Marlies Lehmann an der Spitze hatte sich die Gruppe von Wolfershausen aus auf den 18 km langen Weg zu einer „Nordhessischen Weinwanderung“ gemacht und war nach rund eineinhalbstündigem Gang an Eder und Ems auf dem Gelände angekommen.
Stiegel erläuterte seinen Kasseler Gästen die lange Tradition des Weinanbaus auf dem Böddiger Berg, die mit dem Landwirt Karl Angersbach begann und nicht ohne Erschütterungen blieb. Nach Übernahme des alten Weinbergs einschließlich der Terrassenflächen durch den Drogenverein Nordhessen konnte der Förderkreis die Tradition retten und verlagerte die Weinanbaufläche. Stiegel lobte das überwiegend ehrenamtliche Engagement der Fördervereinsmitglieder und der vielen Helfer:innen, die bei der Weinlese zur Hand gehen. Bei einer kleinen Weinprobe nippten die Wanderer:innen am Wein des Jahrgangs 2023, denn 2024 war die Ernte wegen heftiger Fröste komplett ausgefallen.
Die zweite Station auf dem Weinwanderweg war eine von zwei Anbauflächen der Landwirtsfamilie Minkel, die in Dissen auf dem Neuselsberg und nahe des Scharfensteines auf rund einem Hektar mehrere pilzwiderstandsfähige Rebsorten („Piwi“) anbaut und in einem rheinhessischen Weingut keltern lässt. Nach feinherben und lieblichen Weinen gab es 2023 mit dem „Stracken Tröpfchen“ erstmals auch einen trocken ausgebauten Weißwein. Die letzten Kilometer führten die Wandersleute in die Chattengaustadt Gudensberg, wo statt Weinprobe bei einem Kaffee Energie aufgetankt wurde.
